Seit Beginn des Jahres 2014 bin ich Autor bei Spielverlagerung. Ich werde deshalb keine Analysen mehr auf dieser Seite veröffentlichen. Dem VfL Bochum bleibe ich aber natürlich treu: Aktuelle Infos gibt es auf meiner Facebook-Seite. Außerdem habe ich zur Saison 2014/15 auf Spielverlagerung eine Serie gestartet. Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir auch auf den anderen Kanälen treu bleibt, fleißig mitlest und kommentiert. Euer Feedback hilft mir, die Inhalte auf Eure Interessen anzupassen.
Vielen Dank für Eure Treue,
Tobias aka Blau-weiße Taktikecke
Blau-weiße Taktikecke
Sonntag, 7. September 2014
Donnerstag, 13. Februar 2014
Der Start in die Rückrunde: VfL Bochum - FSV Frankfurt 1:2
Die Winterpause ist endlich vorbei. Peter Neururer und sein Team wollten die lange Vorbereitung nutzen, um das Pressing
etwas offensiver zu gestalten und dank direktem Spiel in die Tiefe die Torflaute endlich zu beenden. Dank knappen Ergebnissen gegen aussichtsreiche Bundesligamannschaften, dem Einbau aussichtsreicher Talente (Gulden, Heber) und der Rückkehr von in der Hinrunde lange ausgefallenen Spielern (Sinkiewicz, Bastians, Gymerah) waren viele Fans frohen Mutes.
„Wir haben eine relativ erfolgreiche Vorbereitungszeit hinter uns gebracht, bei der die Mannschaft das umgesetzt hat, was wir ihr vorgegeben haben“Doch leider kommt es oft anders als man denkt. Das Heimspiel gegen den FSV Frankfurt machte viele Hoffnungen zu nichte, teilweise schwang die Stimmung sogar ins Negative um. Ich will versuchen, mit dieser Analyse aufzuzeigen, dass nicht alles schlecht war. Im kombinativen Offensivspiel gab es vielversprechende Ansätze. Die Gegentore waren weniger auf kollektive Probleme als auf einen individuellen Totalausfall von Christian Tiffert sowie die Waghalsigkeit nach dem Ausgleich zurückzuführen.
Peter Neururer
Die Startaufstellung
Grundformationen zu Spielbeginn |
Viele Fans beschwerten sich über die fünf nominellen Innenverteidiger in der Startaufstellung. Neben Patrick Fabian und Marcel Maltritz traten Jonas Acquistapace und Holmar Eyjolfsson auf den Außenverteidigerpositionen und Lukas Sinkiewicz im Mittelfeld an. Bei genauerer Betrachtung macht diese Startaufstellung jedoch Sinn. Vor dem Spiel warnte Peter Neururer vor den schnellen Außenspielern der Frankfurter. Eine Aufstellung mit offensiven Außenverteidigern wie Gymerah, Holthaus oder auch Bastians bietet diesen Spielern im Umschaltmoment die nötigen Räume. Darüber hinaus konnte Eyjolfsson im Spiel gegen Dresden eindrucksvoll seine Eignung gegen schnelle und wendige Flügelflitzer vorweisen. Auch Acquistapace ist sehr schnell. Mit der Unterstützung von Felix Bastians, der davor auf der linken Außenbahn agierte, war ihm durchaus zuzutrauen, seine Seite dicht zu machen.
„Der FSV hat letztes Jahr gezeigt, zu was die Mannschaft imstande ist. Zumeist agieren sie in einem klassischen 4-4-2, mit schnellen Spielern über außen, zum Beispiel Leckie oder Görlitz."
Peter Neururer
Die Aufstellung Bastians im Mittelfeld war auch durch die offensive Spielidee motiviert. In den letzten beiden Wochen der Vorbereitung wurde intensiv an einem direkten Spiel in die Spitze gefeilt. Dafür sind ständige Wechselbewegungen der offensiven Spieler mit den entsprechenden Tiefensprints essentiell. Felix Bastians bietet in diesem Kontext die nötige Dynamik für diese Läufe und auch die Spielintelligenz, um Zeit und Räume für seine Kollegen zu schaffen.
"Nach dem Thema Balleroberung widmen wir uns in den nächsten zwei Wochen noch dem Thema Ballbesitz, den wir ganz anders als heute gestalten müssen. Dazu sind solche Spiele da. Bei eigenem Ballbesitz haben wir in der ersten Halbzeit das Spiel zu eng gemacht. Im zweiten Durchgang war es besser, auch weil Bälle in die Tiefe gefordert wurden“Lukas Sinkiewicz wurde zwar bereits häufig als Innenverteidiger eingesetzt aber auch unter Neururers Vorgänger Karsten Neitzel agierte er teilweise als Sechser. Beim Debakel gegen den 1. FC Union Berlin kam er in den Schlussminuten und strahlte sofort Sicherheit aus.
Peter Neururer nach dem Testspiel gegen die U23
"Wir haben dann am 9. Spieltag gegen Braunschweig Lukas Sinkiewicz statt Christoph Kramer auf die 6er-Position gestellt, um wieder mehr Stabilität in die Mannschaft zu bringen. Er gab den typischen Abräumer und hat den Kreativen den Rücken freigehalten. Das hat auch direkt geholfen. "Der Kreative, der von Sinkiewicz profitieren sollte, war in diesem Fall der andere zentrale Mittelfeldspieler Danny Latza. Was Taktikgurus wie MR von der Spielverlagerung sofort sehen, ist nun auch bei Peter Neururer angekommen. Latza sollte wohl der zentrale Spieler für das Direktspiel des VfL werden, da er die Bälle in den Engen des zentralen Mittelfelds gut verarbeiten und direkt den Vertikalpass auf die einlaufenden Stürmer und Außenspieler spielen kann.
Karsten Neitzel im Interview zur Saison 2012/13
"Alter, der Latza ist ja Hammer [...]. Hammergute Orientierung und Entscheidungsfindung. [...] Hatte ihn grad im Kopf mit Ross Barkley verglichen. Der schießt auch immer ein bisschen zu früh aber so vom Passspiel sehr ähnlich. Latza spielt bei Euch zu tief, um effektiv zu werden. Der muss Nadelspielern. Tiffert Achter, Latza Zehner, habt ihr das mal probiert?"Die Offensive wurde durch Piotr Cwielong auf der rechten Außenbahn und Richard Sukuta-Pasu und Ken Ilsö im Sturm komplettiert. Cwielong wirkte nach einem guten Start zuletzt etwas ausgelaugt, da er durch die Verschiebung im Spielbetrieb zwischen Polen und Deutschland keine Sommerpause hatte. Entsprechend versprach sich das Trainerteam nach der längeren Erholungsphase im Winter nun wieder Einiges vom Neuzugang. Sukuta-Pasu ist aufgrund seiner Physis und des nahezu perfekten Timings im Erlaufen von langen Bällen für das Bochumer Spiel unersetzbar. Ilsö kam wohl auch zu Gute, dass Mirkan Aydin zuletzt mehrere kleinere Verletzungen und Krankheiten durchstehen musste.
Martin Rafelt (MR)
Umsetzung und Folgen des höheren Pressings
Das Trainerteam hat in der Winterpause die erste Pressinglinie etwas weiter in die gegnerische Hälfte verlegt. Statt an der Mittellinie erwarten die Stürmer den Gegner nun knapp vor dem Rand des Mittelkreises. Die Mittelfeldkette des 4-4-2 schiebt bis zur Mittellinie vor. Das Mittelfeld war somit nah bei den Stürmern und ebenfalls höher positioniert. Trotzdem stand die Abwehr ähnlich tief wie früher. Dieser Umstand war wahrscheinlich in den Geschwindigkeitsnachteilen von Patrick Fabian und Marcel Maltritz gegenüber den Frankfurter Offensivspielern begründet. Die beiden schafften es jedoch, durch aggressives Herausrücken den großen Freiraum zwischen Mittelfeld Abwehr weitgehend unter Kontrolle zu halten. Dabei kam ihnen zu Gute, dass die Frankfurter Sechser sich weitgehend zurückhielten und nicht in diesen Raum nachrückten.
Grundschema des Bochumer Pressings |
Das forsche Vorgehen von Fabian und Maltritz führte jedoch zu Problemen in anderen Zonen. Insbesondere Jonas Aquistapace zeigte teilweise Unsicherheiten und ein schlechtes Stellungsspiel. Wegen des Herausrückens musste er sich oft zwischen dem Sichern seiner Seite und einem absichernden Einrücken entscheiden. Aus diesem Grund konnte der FSV fast früh die Führung erzielen. Im Verlauf der Spielzüge ließ sich Bochum mit der Viererkette im Mittelfeld dann wieder weiter zurückdrängen. Die Frankfurter setzten deshalb meist füh auf lange Bällen in Acuistapaces Zone. 7 der 9 Frankfurter Flanken kamen über ihre rechte Offensivseite.
Die Vorteile der höheren Stellung kamen noch nicht wirklich zu tragen. Es gelang nie, Druck auf die Innenverteidiger aufzubauen. Dies lag vor allem an den fehlenden kollektiven Mechanismen. Im Normalfall fordert einer aus dem Mittelfeld die Stürmer auf, das Pressing zu beginnen. Sie wechseln dann aus der Zwischenstellung in ein aggressives Anlaufen der Abwehrkette. Hierbei ist es entscheidend, dass das komplette Mittelfeld mitschiebt und die Anspielstationen und Räume zustellt. Dies gelang jedoch nie. Bochum presste maximal zu dritt offensiv - der Rest schaute zu.
Bochumer Aufbauspiel 2014
Aufgrund der fehlenden Ballgewinne im offensiven Pressing war der VfL auf sein Aufbauspiel angewiesen. Hier wurde zuletzt verstärkt auf eine schnelles Durchspielen der Außen fokussiert. Die Frankfurter verstanden es jedoch gut, die wichtigen Räume für dieses Durchspielen zuzustellen. Sie positionierten sich ähnlich wie die Bochumer im Pressing im 4-4-2, zogen jedoch die Stürmer etwas zurück und die Abwehrkette weiter vor. Somit waren sie deutlich kompakter. Die beiden Bochumer Sechser, welche eigentlich die Auslöser für die Vertikalkombinationen darstellen sollten, waren zwischen den Frankfurter Stürmern und Sechsern in einen Käfig gesperrt. Versuchten sie in die offenen Räume zu gehen, schob ihr Käfig mit und die Zielräume waren vollständig blockiert. Rückten Bastians und Cwielong in die Zielräume ein, so folgten die Außenspieler von Frankfurt sofort, um eine größere horizontale Kompaktheit zu schaffen. Generell wurde der Raum zwischen den Linien sehr dynamisch und aggressiv verengt. Die Frankfurter bauten also genau in den Bochumer Zielräumen ihre Pressingfalle auf.
Grundschema des Frankfurter Pressings und die Ausgangsräume für die Vertikalkombinationen des VfL |
Das Überspielen der Frankfurter Kompaktheiten war ebenfalls keine erfolgsstabile Lösung. Nur einmal gelang es Patrick Fabian, den in die Tiefe startenden Richard Sukuta-Pasu mit einem langen Ball direkt einzusetzen. Die einzigen möglichen Lösungen waren somit Direktablagen, Schnellkombinationen und Dribblings in engen Räumen. Daher kam es auch zu dem enormen Anteil an Fehlpässen im Bochumer Spiel (69 % Passquote). Die Lichtblicke in diesen Situationen waren drei Spieler, von denen Erstere in Folge des Spiels hart kritisiert wurden: Danny Latza, Piotr Cwielong und Felix Bastians. Exemplarisch möchte ich dies anhand der zwei toll herausgespielten Torchancen in der 11. und 17. Minute zeigen.
In der ersten Szene zeigt Cwielong seine Qualitäten in der Entscheidingsfindung und als Nadelspieler in engsten Räumen. Er nutzt die Pressingfalle Frankfurts gezielt aus, um Räume für sich und seine Kollegen zu schaffen.
Bei der zweiten Szene zeigen Latza und Bastians Ihre Qualitäten in der Entscheidungsfindung und als schnelle Durchlaufstationen. Bei der Bewertung solcher Situationen kommt wohl auch die psychologische Komponente zum Vorschein, dass kurze Aktionen nicht wahrgenommen werden und deshalb Spieler, welche die Bälle in Dribblings länger halten, eher als präsent gelten. Aus diesem Grund gibt es hier die tollen Aktionen noch einmal als Standbild.
Auf der anderen Seite: Fabian eröffnet mit einem Vertikalpass auf Bastians. Erneut schnappt die Pressingfalle zu. |
Das Tiffert-Disaster
Zur Halbzeit kam Christian Tiffert für den glücklosen und bereits verwarnten Acquistapace. Felix Bastians wechselte auf die Außenverteidigerposition, während Tiffert im rechten Mittelfeld spielte. Cwielong wechselte dafür auf links. Im Gegensatz zu Cwielong verweigerte Tiffert die Unterstützung Eyjolfssons gegen den schnellen Leckie sowie die Abdeckung des offensiven Außenverteidgers Epstein komplett. Sein Verhalten fand im Gegentor zum 0:1 einen dramatischen Höhepunkt.
Auch nach dem Tor änderte Tiffert seine Einstellung nicht. Bereits eine Minute nach dem Tor brannte es erneut lichterloh. In der 61. Minute erkannte das Trainerteam endlich den Fehler mit Tiffert auf der rechten Seite. Jan Gymerah kam für Lukas Sinkiewicz und übernahm dort die Verantwortung, dafür ging Tiffert ins Zentrum und platzierte sich vor Latza in einem 4-1-3-2. Vorne ersetzte Mirkan Aydin Ken Ilsö. Dieser zeigte einen ähnlichen Einsatz wie Tiffert aber nicht in einer strategisch so wichtigen Position. Für Ilsö war es das letzte Spiel für den VfL, mal sehen ob Tiffert die Kurve noch kriegt. Es ist wirklich erschreckend, dass Peter Neururer vor dem Spiel speziell vor dem Flügelspiel der Frankfurter warnte, um ihnen dann mit Tiffert dort Tür und Tor zu öffnen.
Sonstige Änderungen in der 2. Halbzeit
Durch die Zurückversetzung Felix Bastians auf die Außenverteidigerposition und den Seitenwechsel von Cwielong ballte sich die kombinative Klasse auf der linken Seite. Latza kippte teilweise hinter Bastians ab, um dort den Versuch eines kombinativen, überladenden Spielaufbaus aufzuziehen. Dazu gingen auch die Stürmer weit auf die linke Seite. So wurde auch die Großchance von Tiffert in der 61. Minute durch eine Überladung von Sukuta-Pasu und Ilsö auf der linken Seite und einen feinen Diagonalpass von Latza vorbereitet.
Mirkan Aydin war nach seiner Einwechslung eine Belebung fürs Offensivspiel. Er schaltete sich gut in die Kombinationen auf der linken Seite ein und wählte intelligente Laufwege im Pressing. Vor seinem Tor, gewann er den Ball im Gegenpressing, bot sich direkt mit einem Lauf in die Tiefe an und holte durch die anschließende Flanke die Ecke selbst heraus.
Kopfüber ins Verderben, das 1:2
Das entscheidende Gegentor fiel schon wieder nach einer Ecke. Bochum ist dabei mit acht Spielern innerhalb der letzten 20 m des Spielfelds. Bastians sichert 3-4 m hinter der Strafraumgrenze für Abpraller ab und spekuliert auf Fernschüsse. Latza und Gymerah stehen als Absicherung immer noch im letzten Drittel des Spielfelds. Allein diese Grundstellung ist Harakiri gegen die pfeilschnellen Frankfurter.
Es kam wie es kommen musste: Aydin und Sukuta-Pasu foulen sich gegenseitig. Bastians verzögert nicht, sondern stürzt sich ebenfalls ins Getümmel. Auch der schnelle Eyjolfsson lässt sich abhängen, nachdem er sich kurz unsicher war, ob er Gymerah helfen oder Leckie weiter verfolgen soll. Er gibt jedoch alles, das sieht man deutlich. Leckie ist einfach zu krass. Dass Latza nach einer Sprintverfolgung über 50 m den Ball zum Gegner anstatt ins Aus klärt ist ärgerlich, jedoch auch mit der fehlenden Konzentration nach so einer Anstregung zu erklären. Hier war man einfach zu wagemutig.
Die Schlussoffensive
Nach dem erneuten Rückstand ging der VfL in die Schlussoffensive. Beide äußeren Mittelfeldspieler rückten weit ein, um Räume für Vorstöße der Außenverteidiger zu schaffen. Im Aufbauspiel bildete sich so meist eine 2-1-3-4 Formation mit Latza als tiefstem Mittelfelspieler und Tiffert als freier Spieler ungefähr auf Höhe mit den aufgerückten Außenverteidigern. Der FSV wechselt positionstreu. Faton Toski spielte die aus der Vorsaison bekannte Rolle als schwimmender Neuneinhalber und suchte einen engeren Kontakt zum Mittelfeld als sein Vorgänger Rukavytsya. Somit wurde die Kompaktheit bei den Frankfurtern wieder verbessert.
Mit zunehmender Spielzeit nahm die Hektik immer mehr zu. Die Strukturen wurden nicht ausgespielt, sondern es wurde sehr früh mit langen Bällen in die Spitze agiert. Teilweise stand Bochum mit fünf oder sechs Leuten an der Abseitslinie. Der Rückraum wurde kaum besetzt. Dies erlaubte nur wenig Kombinationen und kaum Zugriff bei den zweiten Bällen.
Fazit und Ausblick
Ich persönlich fand das Spiel nicht so schlecht wie es anschließend von Fans und Medien gemacht wurde. Bis auf ein paar Probleme zu Spielbeginn nach langen Bälle in die Schnittstelle zwischen Fabian und Acquistapace gab es keine systematischen Schwächen in der Defensive. Die Gegentore fielen nach krassem individuellem Versagen und einer zu offensiven Staffelung bei einem Eckball. Beide Probleme sind zu großen Teilen unglücklichen Entscheidungen des Trainerteams anzulasten und somit schnell korrigierbar. Nur beim Pressing sind noch deutliche Fortschritte zu erzielen.
"Es gab große Diskrepanzen, wenn man sieht, was sich die Mannschaft vornimmt und wieviel dann davon umgesetzt wurde. Wir haben viele einfache Fehler gemacht, die Bälle dem Gegner in den Fuß gespielt. Wir hatten ein Zweikampfverhalten im Defensivbereich und ein Durchsetzungsvermögen nach vorne hin, das unserer Mannschaft nicht würdig ist."
Peter Neururer
"Wir werden "Back-to-the-Roots", mit einfachen Mitteln, versuchen die Scharte wiederauszuwetzen."
Peter Neururer
In der Offensive zeigten insbesondere Bastians, Latza, Cwielong und Aydin, dass sie die Mittel haben, auch einen kompakten, aggressiven und gut organisierten Gegner zu zerspielen. Mit der Rückkehr von Tasaka, der Integration von Gulden und einer weiteren Stabilisierung von Aydin sollte es also durchaus möglich sein, ein ansehnliche Angriffsspiel zu betreiben. Die ersten Aussagen nach dem Spiel klangen jedoch danach, dass das Pressing wieder tiefer gespielt wird und die Angriffe über lange Bälle auf Sukutu Pasu gestartet werden. Die neusten Aussagen deuten eher auf eine Systemumstellung zur Rautenformation hin. Tasaka soll als Zehner alle Freiheiten bekommen und von drei defensiveren Mittelfeldspieler abgesichert werden.
Diese Variante wurde gegen St. Pauli bereits im Hinspiel ausprobiert, so dass es auch dieses Mal nur eine gegnerorientierte Anpassung sein kann. Mit Ausnahme der Außenverteidiger wird auch das gleiche Personal erwartet. Es ist davon auszugehen, dass Felix Bastians als linker Außenverteidiger gesetzt ist. Rechts wird nach dem Ausfall von Jan Gymerah erneut Holmar Eyjolfsson auflaufen. Damit würde die Asymmetrie aus dem Hinspiel seitenverschoben. Der Einsatz von Bulut als etwas breiterer Spieler auf der rechten Seite macht also noch mehr Sinn, aber auch Cwielong wäre nach seiner Leistung gegen Frankfurt eine gute Alternative. Latza könnte in der Raute noch etwas höher agieren, was ihm durchaus entgegen kommen sollte. Es wird also spannend am Samstag.
Grundformation im Hinspiel gegen den FC St. Pauli |
Montag, 6. Januar 2014
Dynamo Dresden - VfL Bochum 0:0
Nach dem ernüchternden 0:4 gegen Union Berlin musste der VfL nach Dresden. Dynamo hat unter Olaf Janßen zu Hause drei Siege und zwei Unentschieden erspielt - war damit noch ungeschlagen. In einem umkämpften Spiel kann der VfL erneut ohne Gegentor bleiben, schafft es jedoch nicht, die 20 min Überzahl erfolgreich zu gestalten.
Grundformationen
Peter Neururer hatte im Vorfeld extremen Respekt vor Dynamos linker Seite mit dem wendigen Flügeldribbler Ouali. Dies könnte der Grund sein, warum er den dynamischen und zweikampfstarken Holmar Örn Eyjolfsson als rein defensiv orientierten Außenverteidiger aufbot. Davor spielte mit Onur Bulut ein Mittelfeldspieler, der ebenfalls schon Erfahrtung als Außenverteidiger und 6er gesammelt hat. Dieser spielte entsprechend gegenüber seinem Pendant Felix Bastians auf der anderen Seite etwas eingerückter und offensiv zurückhaltender. Die Rolle als 10er durfte gegen Dresden erstmals seit dem Spiel gegen den 1. FC St. Pauli wieder Yusuke Tasaka übernehmen. In diesem Spiel agierte er jedoch als 10er in einer Raute hinter zwei Stürmern und agierte im Pressing als zentraler Spieler in einem 4-1-3-2. Die Rolle der hängenden Spitze im 4-4-1-1 Pressing erfüllte er erstmals. Mirkan Aydin fiel die schwere Aufgabe zu, die Vertretung für Richard Sukuta-Pasu zu übernehmen.
"Im Vorfeld der Partie hätte ich ein Unentschieden sofort unterschrieben. Wir hatten in dieser Woche ein 0:4 wegstecken müssen, und jeder kennt die Heimbilanz von Dynamo seitdem Olaf Janßen hier Trainer ist."
Peter Neururer
Spielentwicklung
Es war ein extrem komisches Spiel, in welchem sich die Struktur ständig veränderte. Eine konsistente Analyse gestaltet sich deshalb sehr schwierig. Bochum operierte zuerst mit langen Bällen in Kombination mit extremen Nachrrücken. Diese lange Bälle wurden insbesondere in den linken Halbraum gespielt, wo Aydin, Bastians und ein extrem offensiver Fabian Holthaus Überladungen starteten. Es gelang jedoch selten, von dort in andere, insbesondere torgefährliche Räume zu gelangen. Im weiteren Verlauf des Spiels änderte sich die Ausrichtung. Es gab ein extremes Auffächern in Kombination mit einem flachen Spielaufbau. Dies kann auch daran liegen, dass Dresdens Pressing die Bezeichnung oft nicht verdiente. Das 4-4-1-1 soll eigentlich das Spiel auf eine Seite festlegen, zu der dann aggresiv verschoben werden kann. Es gab aber beispielsweise eine Situation wo sich Jungwirth und Latza zwischen den Stürmern fröhlich den Ball hin- und herspielen können. Dabei fehlten jedoch die Verbindungen zwischen Defensive und Offensive aufgrund einer zerrissenen Mannschaft (6 defensiv, 4 offensiv). Später schafft Tasaka diese Verbindung, indem er sich die Bälle etwas tiefer abholte und die Räume mit Dribblings überbrückte. Ab da war es strukturell okay. Dabei zeigte er auch in Ansätzen seine Pressingsresistenz gegen mehrere Gegenspieler im Sechserraum Ein gutes Beispiel ist Aktion vor der Chance von Bastians. Trotz allem gab es jedoch noch häufig schlechte individuelle Entscheidungen. Zwischendrin stellte sich eine Phase mit extremen Schwimmen ein. Insbesondere Maltritz wirkte hier unsicher, was jedoch auch mit seiner Verletzung zusammenhängen kann.
Eigenarten der Bochumer Defensivspielweise
Diese zonenorientierte Deckung macht mich noch wahnsinnig. Es gab eine Situation, in der Bochum mit der kompletten Viererkette gegen einen Gegenspieler steht, der ins 1 vs. 1 am Flügel geht. Die Viererkette schiebt jedoch nicht rüber zum Doppeln. Die Außenverteidiger des VfL sind aufgrund dieses Deckungssystems oft auf sich allein gestellt. Dies könnte auch ein Grund sein, warum das Trainerteam auf diesen Positionen gern auf Innenverteidiger zurückgreift. Zumindest wird weitläufig angenommen, dass diese 1 vs. 1 Situationen gut lösen können. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass Innenverteidiger meist im Rücken des Gegners agieren. Am Flügel kommt es jedoch eher zu einem frontalen 1 vs. 1.
Wechsel
Die ersten Wechsel waren positionsgetreu. Heiko Butscher kam zur Halbzeit für den verletzten Marcel Maltritz. Jan Gyamerah ersetzte Danny Latza und übernahm im Tausch mit Onur Bulut, der die rechte defensive Mittelfeldposition übernahm, die rechte Außenbahn. Nach der roten Karte für Dresden in der 71. min wechselte das Trainerteam erneut. Piotr Cwielong kam für den offensiveren Außenverteidiger Fabian Holthaus, Felix Bastians wechselte zurück in die Abwehrkette. Statt ein Zeichen zu setzen und auf zwei offensive Außenverteidiger umzustellen, blieb die bisherige Spielbalance erhalten. Holmar Eyjolfsson blieb als defensiver AV auf dem Feld. Voraussichtlich wollte Peter Neururer den jungen Jan Gyamerah nicht als Außenverteidiger gegen Idir Ouali stellen.
"Allerdings hätten wir nach der Roten Karte unsere Überzahl besser nutzen müssen. Anscheinend hat die Mannschaft die Signale von der Außenlinie nicht richtig gedeutet. Am Ende wäre sicherlich mehr möglich gewesen."
Peter Neururer
Die Leistung der Nachwuchsspieler
Beide Außenverteidigerpositionen wurden gegen Dresden von jungen Talenten besetzt. Diese sind oft im Spielaufbau oder zum Stellen auf der Außenbahn leicht vorgerückt. Aufgrund der mangelnden Unterstützung (siehe Eigenarten der Bochumer Defensivspielweise) können sie schnell durch einen Doppelpass überspielt werden. Paul Freier bleibt in solchen Situation auch mal stehen. Eyjolfsson hat jedoch mehrfach noch den Ball gewonnen. Insgesamt war Eyjolfsson defensiv richtig stark. Sein Rückwärtspressing ist unglaublich. Rückwärtspressing bezeichnet dabei das Tacklen von hinten, nachdem man eigentlich schon überspielt wurde. Man braucht Schnelligkeit, gutes Timing und Koordination. Man muss ja erst aufholen, sich dann neben den Gegner schieben und den richtigen Zeitpunkt für das Tackling abpassen - der Ball muss dazu kurz frei sein. Hier ist Eyjolfsson deutlich stärker als Paul Freier. Dieser ist jedoch als Bochums bester Vorbereiter offensiv eine ganz andere Liga. Im Vergleich zu Eyjolffson, der seine Rolle als defensiver Außenverteidiger klar erfüllte, war Fabian Holthaus erst zu offensiv, dann zu defensiv bzw. nicht aggressiv genug im Nachrücken. Bei ihm fehlte etwas die Balance.
Onur Bulut zeigte auf der rechten Außenbahn seine wahnsinnige Dynamik. Er ist häufig gefoult worden, weil der Gegner einfach nicht mit soviel Tempo beim Ablaufen rechnen konnte. Der Dresdner dachte wohl er wäre vorher am freien Ball, wuuusch, da war Bulut dazwischen. Wenn er diese Dynamik noch zielgerichterter offensiv einsetzen würde, könnte er Bochum noch viel Freude bereiten. Ich sag nur Unur Bulumeyang. Die Flügelläuferposition in alternativen Systemvorschlag wäre auch etwas für ihn.
Nach seiner Einwechslung zeigte auch Jan Gyamerah eine ansprechende Leistung auf der rechten Außenbahn. Seine Bewegungsmuster erinnern dabei sehr an Paul Freiers Interpretation des offensiven Außenverteidigers, d. h. er überläuft gern außen die erste Linie des Gegners um dann diagonal in den Zwischenlinienraum zu ziehen. Wie bei Freier wurden diese Läufe jedoch nicht direkt mit raumschaffenden oder freilaufenden Bewegungen der anderen Offensivspieler begleitet, so dass auch Jan Gyamerah schnell isoliert und in Überzahl gepresst werden konnte. Seine große Chance zeigte, dass er bei entsprechenden Räumen jedoch auch direkt Richtung Tor agieren kann.
Nach seiner Einwechslung zeigte auch Jan Gyamerah eine ansprechende Leistung auf der rechten Außenbahn. Seine Bewegungsmuster erinnern dabei sehr an Paul Freiers Interpretation des offensiven Außenverteidigers, d. h. er überläuft gern außen die erste Linie des Gegners um dann diagonal in den Zwischenlinienraum zu ziehen. Wie bei Freier wurden diese Läufe jedoch nicht direkt mit raumschaffenden oder freilaufenden Bewegungen der anderen Offensivspieler begleitet, so dass auch Jan Gyamerah schnell isoliert und in Überzahl gepresst werden konnte. Seine große Chance zeigte, dass er bei entsprechenden Räumen jedoch auch direkt Richtung Tor agieren kann.
Montag, 16. Dezember 2013
Was ist mit dem Kader möglich - mögliche Alternativformation
Nach dem 0:4 im Spiel gegen Union gibt es in den Foren wieder Diskussionen über mögliche Systemwechsel und alternative Besetzungen. Im folgenden Artikel möchte ich kurz meine Ideen zu diesem Thema zusammenfassen.
Das offensive Flügeldilemma
Der VfL hat im Moment keine offensiven Flügelspieler, die in der Lage sind, das Spiel vom Flügel aus zu machen oder mit Zug in Richtung Tor zu gehen. Cwielong wurde durch die Manndeckungsaufgaben seine primäre Stärke im Pressing, das Belauern von Passwegen, genommen. Seitdem ist er defensiv überfordert und offensiv kommt von ihm nichts außer dass er am langen Pfosten auf Ablagen oder Flanken lauert. Tasaka müsste viel stärker vom Flügel in den Zwischenlinienraum ziehen, er hat aber Probleme, wenn er den Ball mit dem Rücken zum Tor annehmen muss. Die einzigen Alternativen für die Flügelpositionen sind die aktuellen Außenverteidiger Felix Bastians und Slawo Freier, Christian Tiffert sowie der junge Unur Bulut. Tiffert wurde bereits sporadisch dort eingesetzt. Ihm fehlt jedoch die Dynamik, um aus einer breiten Grundposition aus dem Stand heraus Fahrt aufzunehmen. Seine Stärken kann er eher ausspielen, wenn er aus der Tiefe diagonal Tempo aufbauen kann. Letzterer ist zwar defensiv stabiler als Cwielong und Tasaka besitzt aber auch keine große offensive Durchschlagskraft. Grad bei aussichtsreichen Kontersituationen zeigt Bulut häufig nervositätsbedingte Hektik und schlechte Entscheidungsfindung. Als Alternative bietet sich deshalb ein System mit einfach besetzten Flügeln an.
Einrücken der Außenverteidiger
Bei den Gegentoren gegen Union zeigten sich große Probleme bei Bastians und Freier, Unterzahlen im Strafraum oder Herausrückbewegungen der Innenverteidiger durch einrückende Bewegungen zu kompensieren. Von daher würde ich, wie auch bereits im Blog vorgeschlagen, auf einer Formation mit einer flexiblen Absicherung der offensiven Außenverteidiger aufbauen, d. h. die Abwehrkette durch einen zusätzlichen Halbverteidiger, z. B. Acquistapace oder Butscher, verstärken, damit Freier und Bastians ihr Offensivpotential besser ausspielen können.
Sinkiewicz Rückkehr
Das einzig positive am Spiel gegen Union war die Rückkehr von Lukas Sinkiewicz. Er brachte sofort Stabilität und Präsenz in Bochums defensives Mittelfeld. Aufgrund seiner Physis und Spielintelligenz ist er perfekt geeignet für die Position zwischen Innenverteidigung und defensivem Mittelfeld. Durch den Ausfall Patrick Fabians ist es nicht unwahrscheinlich, dass er gegen Dresden sein Comeback in der Startelf feiert.
Fokus auf Konterspiel und sichere Ballzirkulation
Da die Idee aus dem Blog damals noch auf einer dominanteren Spielanlage basierte und ich mittlerweile einsehe, dass der VfL nie ein Ballbesitzteam wird, würde ich meinen damaligen Vorschlag personell etwas anpassen. Tiffert wird nicht als tiefliegender Spielmacher installiert und behält seine Rolle als diagonaler Sechser aus der Tiefe bei. Sinkiewicz wird zentral als Zwischending aus Innenverteidiger und Vorstopper installiert und bei der Verteidigung des Zwischenlinienraums von Jungwirth unterstützt. Tasaka nimmt eine zentrale Rolle als 8er/10er ein. Ilsö pendelt zwischen 10er und hängender Spitze. Freier und Bastians fungieren als Flügelläufer, die je nach Höhe des Balles zwischen Außenverteidigern und Außenstürmern wechseln.
Vorschlag für eine alternative Grundformation |
Defensiv wird wie bisher Beton angerührt. Es wird ein tiefes Mittelfeld bzw. Abwehrpressing gespielt, wobei durch die Außenverteidiger und die Rolle von Sinkiewicz flexibel zwischen einem 3-4-3, 4-3-3 und 5-2-3 gewechselt werden kann. Durch die Möglichkeit zur Bildung von situativen Fünferketten in Abwehr und Mittelfeld sollen die horizontalen Zwischenlinienräume besser geschlossen werden. Die vordere Dreierreihe kann das Zentrum besser verschließen und bei Verlagerungen auf die Außenverteidiger des Gegners noch schneller Druck aufbauen. Im Umschaltmoment hat man durch die Außenspieler die direkte Möglichkeit zum Kontern. Durch die enge Dreierreihe in der Abwehr mit drei kopfballstarken Spielern und die Doppelsechs davor sind auch lange Bälle und die entsprechenden Abpraller gut zu verteidigen.
Defensive Grundformation |
Im Aufbauspiel gibt es die Rückkehr zur Dreierkette und zum 3-3-3-1. Dieses wird jedoch nun stärker dazu genutzt, den Ball ruhig zirkulieren zu lassen und Bälle zu den Kreativspielern im Zwischenlinienraum zu bringen. Dafür rücken Bastians und Freier weit auf, um Breite zu geben und die Mittelfeldreihe des Gegners auseinanderzuziehen. Jungwirth und Tiffert weichen immer wieder in die Räume hinter Freier und Bastians aus, um Räume für rückfallende Bewegungen von Tasaka und Ilsö zu schaffen. Die beiden sind die primären Zielspieler für flache Vertikalpässe. Tasaka etwas tiefer als Ilsö, damit er die Zeit hat, sich zu drehen und Tempo im Zentrum aufzunehmen. Diese Rolle hat er gegen Paderborn mit Bravour ausgefüllt - leider nur für knapp 20 min. Sobald der Ball in diese Zone kommt, ziehen sich Jungwirth und Tiffert wieder zusammen und sichern ab bzw. halten die Ballzirkulation im zweiten vertikalen Drittel des Spielfelds aufrecht. Freier und Bastians bieten sich für Diagonalsprints in die Schnittstellen für Abschlüsse oder Rücklagen von der Grundlinie an. Sukuta-Pasu sorgt mit ausweichenden Läufen für die entsprechenden Räume. Sollte die Dreierkette im Aufbau aggressiv unter Druck gesetzt werden, kann weiterhin auf die langen Diagonalbälle in den halbrechten Raum zurückgegriffen werden. Ilsö, Freier und Sukuta-Pasu ballen sich dann dort, wobei Sukuta-Pasu Zielspieler ist, Freier dynamisch einläuft und Ilsö sich auf die Abpraller für den Lochpass auf Freier bzw. Bastians konzentriert.
Aufbauformation |
Ist der VfL in Rückstand oder zieht sich der Gegner weit zurück, so wird weiterhin Wert auf eine gute Möglichkeit zur Ballzirkulation und eine gute Absicherung gelegt. Als Grundformation dient ein 3-3-4. Mehr als vier Spieler tauchen nie im letzten Band auf. Innerhalb dieses Bands gibt es jedoch enorm viel Bewegung. Sukuta-Pasu dient als Initiator mit ausweichenden Bewegungen - die so geschaffenen Lücken werden direkt von Ilsö (vertikal, Aydin wäre hier noch geeigneter) und den Außenspielern (diagonal) angelaufen. Auch Wechsel zwischen dem 2. und 3. Band sind möglich, so kann Freier mit rückfallenden Bewegungen Räume für die Diagonalläufe Tifferts schaffen, der dann Flanken ins Zentrum schlägt. Tasaka kann wie schon im Aufbauspiel Dribblings in den Zwischenlinienraum für Abschlüsse und Lochpässe nutzen. Jungwirth sichert diese Bewegungen horizontal ab.
Staffelung für eine sichere Ballzirkulation bei einem sehr tiefen Gegner |
Sonntag, 15. Dezember 2013
VfL Bochum - 1. FC Union Berlin 0:4
In einem enttäuschenden Spiel kassiert der VfL seine erste deutliche Niederlage der Saison. Die Eisernen bespielen die taktischen Eigenheiten des VfL sehr gut und zeichen sich durch eine hohe Effizienz in der Chancenverwertung aus. Der VfL hingegen offenbart erneut enorme Probleme, wenn er das Spiel machen muss.
Grundformationen
Peter Neururer griff erneut auf die Startelf aus dem Hinspiel zurück. Das bedeutete, dass Danny Latza für die hängende Spitze Ken Ilsö ins Team kam. Christian Tiffert rückte von der 8er- auf die 10er-Position in einem recht klassisch interpretierten 4-2-3-1. Union Berlin stellte dieser Formation ein 4-1-3-1-1 entgegen, in welchem Damir Kreilach als einziger Sechser die Abwehr schützen und das Aufbauspiel ankurbeln sollte. Die offensive Dreierreihe mit Dausch, Köhler und Quiring zeigte sich sehr flexibel in der Positionsbesetzung auf den Flügeln und im Zwischenlinienraum.
Grundformationen in der 1. Halbzeit |
Spielbeginn
Zu Beginn des Spiels zeigte der 1. FC Union Berlin dem VfL wie der Gegner durch ein koordiniertes und ruhiges Aufbauspiel zurechtgelegt werden kann. Durch den Fokus der Bochumer 4-4-1-1 Pressingformation auf Unions einzigen Sechser Damir Kreilach und die hohe Passivität der Außenspieler Yusuke Tasaka und Piotr Cwielong konnten die Eisernen den Ball innerhalb der Viererkette in Ruhe kreisen lassen und die Bochumer zum Verschieben zwingen. Zwischenzeitlich nutzten die Offensivspieler Unions zahlreiche Positionswechsel um die raum- bzw. zonenorientierte Manndeckung der Bochumer zu bespielen. Köhler und Dausch wechselten ständig zwischen Zwischenlinienraum und Außenbahn und Quiring ging für Überladungen weit auf die rechte Bochumer Defensivseite. Auch Mattuschka ließ sich temporär in die durch die Rochaden geöffneten Räume fallen. Die kurze Zeiten, in denen die Spieler aufgrund von Übergaben frei waren, wurde dann genutzt, um Pässe aus der Viererkette in die Tiefe zu spielen. Auf diese Weise wurden zuerst die Bochumer Sechser herausgezogen, da diese natürlich versuchten, nach dem Anspiel Zugriff herzustellen, und dann der geöffnete Zwischenlinienraum anvisiert. Das Tor von Quiring in der 13. min ist ein tolles Beispiel für dieses Vorgehen.
Positionierung vor dem 0:1 |
Damir Kreilach bewegt sich flexibel zwischen den Innenverteidiger und erlaubt so eine sichere Ballzirkulation vor Bochums Pressingformation. Die Außenverteidiger rücken etwa auf Höhe der offensiven Dreierreihe vor. Nach bereits umfangreicher Ballzirkulation in Berlins Viererkette bewegt sich der Linksaußen Christopher Quiring in den Raum zwischen Bochums Stürmern und dem Mittelfeld, bekommt dort von Mario Eggimann den Ball, läuft etwas in Richtung eigener Hälfte und spielt den Ball zurück zu. Er zieht seinen potentiellen Gegenspieler Yusuke Tasaka damit ebenfalls ins Zentrum und nach vorn, so dass ein 4-3-3 bei den Bochumern entsteht. Nach dem Pass startet Quiring direkt diagonal auf die linke Seite - Tasaka lässt ihn laufen, um seine Deckungszone auf der rechten Seite wieder einzunehmen. Zeitgleich kippt Köhler hinter den linken Außenverteidiger ab während der Ball wieder nacht links zirkuliert und zieht somit Bochums rechten Sechser Danny Latza aus dem Zentrum. Der Ball geht wieder ins Zentrum und Köhler läuft sich zentral frei. Latza weicht langsam zurück in seinen halbrechten Raum und auch der linke Sechser Jungwirth rückt raus. Kreilach erkennt das Loch im Zwischenlinenraum sowie die Überladung des linken Halbraums durch Dausch und Quiring und spielt einen hohen Diagonalball in diese Zone. Terrodde kommt entgegen, zieht durch das Herausrücken und das Mitziehen seines Manndeckers Marcel Maltritz die notwendige Lücke auf und legt ab. Der Rest ist Formsache - vor allem da Freier einfach stehen bleibt, anstatt die Lücke durch Maltritz Herausrücken durch eine engere Positionierung zu schließen.
"Im Mittelfeld haben wir den Gegner nur begleitet, das hat Union hervorragend ausgenutzt."
Peter Neururer
Die flexiblen Bewegungen der Offensivreihe und das ständige Wechseln zwischen den Bochumer Zuordunungszonen sorgte dafür, dass häufig erst aggressiv Richtung Mann gerückt wurde, wenn dieser den Ball erhielt oder sich in Richtung Ball bewegte. Da die Berliner dieses Verhalten gezielt ausnutzten und sich bei den Anspielen auf Ablagen beschränkten, entstand der Eindruck, dass die Bochumer immer einen Schritt zu spät kamen. Das Bild zur Entstehung des 0:1 zeigt auch, dass die Bochum durch die zonenorientierte Deckung zwar lokale Kompaktheiten erzeugen konnte, dafür jedoch wichtige Zonen im Zentrum offenbarten. Die meisten Spieler scheinen über kaum gruppentaktisches Verständnis zu verfügen, da insbesondere die Spieler, deren Zonen grad frei von Gegenspielern waren, es versäumten, balancierende Positionen einzunehmen. Insbesondere die Außenspieler (beim Tor explizit Bastians, Tasaka und Freier) deckten teilweise sinnfrei ballferne Zonen ab, anstatt einzurücken, um die Kompaktheit in den zentralen Räumen zu erhöhen.
Offensivspiel des VfL
Eigentlich wollte ich in diesem Artikel dem Offensivspiel des VfL einen stärkeren Fokus widmen. Durch den frühen Rückstand stand der VfL auch unter dem Druck, das Spiel zu machen. Trotzdem waren kaum koordinierte Abläufe zu erkennen. Union verstand es, die Bochumer schnell auf eine Seite festzulegen. Dies wurde auch dadurch unterstützt, dass mit Ausnahme der Sechser Jungwirth und Latza, die auch mal versuchten das Spiel aus einer zentralen Position zu verlagern, überwiegend Kurzpasskombinationen gesucht wurden. So wurde häufig erneut in enge Räume hineingespielt. Die wenigen aussichtsreichen Situationen entstanden nach Überladungen durch starkes Herausrücken von Jungwirth und den Innenverteidigern mit Kurzpasskombinationen auf Links durch einem Seitenwechsel auf den einlaufenden Freier. Dieser zog jedoch immer mit einem diagonalen Lauf ins Zentrum, womit er durch seine Rechtsfüßigkeit auf Lochpässe beschränkt war. Darüber hinaus fehlten in diesen Situationen die notwendigen diagonalen oder horizontalen Läufe, um überhaupt Adressaten für diese Pässe in die entsprechenden Räume zu bekommen.
Erstaunlicher Weise verzichtete Bochum auf die in den letzten Spielen vermehrt eingesetzten langen Bälle. Dies war auch bedingt durch die sehr tiefe Grundposition Unions nach dem Führungstreffer. Sukuta-Pasu stand in Unterzahl gegen die Innenverteidiger. Kreilach kümmerte sich um die Einschränkung der Räume von Tiffert. Letzterer stellt durch sein flügelorientiertes Kombinationsspiel auch eine schlechtere Option für zweite Bälle als Ken Ilsö dar, da dieser sich lieber in den mit den langen Bällen angezielten Halbräumen aufhält und deutlich direkter (Lochpässe, Torabschlüsse) nach den Ballbehauptungen agiert. Bei den wenigen langen Bällen machte sich auch noch bemerkbar, dass Richard Sukuta-Pasu Probleme beim ersten Ballkontakt hat. Dieser springt ihm häufig etwas zu weit weg. Ist der Gegner gestreckt, kann er dies durch seinen Körper ausgleichen, indem er verhindert, dass sein Hintermann an den Ball kommt. Steht der Abwehrblock jedoch kompakt, können andere Spieler diese Bälle aufsammeln.
Erstaunlicher Weise verzichtete Bochum auf die in den letzten Spielen vermehrt eingesetzten langen Bälle. Dies war auch bedingt durch die sehr tiefe Grundposition Unions nach dem Führungstreffer. Sukuta-Pasu stand in Unterzahl gegen die Innenverteidiger. Kreilach kümmerte sich um die Einschränkung der Räume von Tiffert. Letzterer stellt durch sein flügelorientiertes Kombinationsspiel auch eine schlechtere Option für zweite Bälle als Ken Ilsö dar, da dieser sich lieber in den mit den langen Bällen angezielten Halbräumen aufhält und deutlich direkter (Lochpässe, Torabschlüsse) nach den Ballbehauptungen agiert. Bei den wenigen langen Bällen machte sich auch noch bemerkbar, dass Richard Sukuta-Pasu Probleme beim ersten Ballkontakt hat. Dieser springt ihm häufig etwas zu weit weg. Ist der Gegner gestreckt, kann er dies durch seinen Körper ausgleichen, indem er verhindert, dass sein Hintermann an den Ball kommt. Steht der Abwehrblock jedoch kompakt, können andere Spieler diese Bälle aufsammeln.
Absicherung eigener Offensivstandards am Beispiel des 0:2
Der VfL versucht durch eine hohe personelle und physische Präsenz im Strafraum, Gefahr bei Standards zu entwickeln. Die Absicherung ist dabei extrem mannorientiert. Gegnerische Spieler außerhalb des Strafraums werden durch Manndecker bewacht. Diese Aufgabe übernehmen die Flügelspieler Tasaka, Cwielong und Freier, da diese keine Gefahr bei Kopfbällen ausstrahlen und evtl. im Nachrücken mit Fernschüssen gefährlich werden könnten. Darüber hinaus wird ein weiterer Spieler abgestell, der als quasi-Libero absichert. Diese Rolle kam gestern Danny Latza zu. Aus offensiver Sicht macht diese Verteilung Sinn. Alle physisch präsenten Spieler sind in den gefährlichen Räumen aktiv. Aus defensiver Sicht ist diese Verteilung jedoch hochriskant. Dabei geht es weniger um die fehlende physische Präsenz, als viel mehr darum, dass Tasaka und Cwielong, aber auch Paul Freier, über kaum defensive Spielintelligenz verfügen. Sobald aufgrund eines verlorenen Zweikampfs oder eines Fehlers nach der Ballbehauptung eine Situation entsteht, in der defensiv improvisiert werden muss, stehen diese Spieler vor enormen Problemen. Dies zeigte sich deutlich vor dem 0:2.
Die 2. Halbzeit
Zur Halbzeit wechselte das Bochumer Trainerteam doppelt. Der angeschlagene Sukuta-Pasu und der gelbbelastete Florian Jungwirth verließen das Feld. Dafür kamen mit Ken Ilsö und Mirkan Aydin zwei Stürmer. Christian Tiffert pendelte von nun an zwischen den Positionen als 8er und 10er in einem 4-4-2/4-1-3-2. Durch diese Wechsel wurde der Fokus auf Kurzpasskombinationen noch weiter verstärkt. Mit Sukuta-Pasu fehlte der wichtige Zielspieler und ohne Jungwirth wurden auch die Verlagerungen noch weiter reduziert. In wenigen Momenten schien der VfL tatsächlich konstruktiv nach vorne spielen zu können. Es machte sich jedoch auch bemerkbar, dass dem VfL die gruppentaktischen Mittel für dieses Spiel fehlen. Es gab viele Fehlpässe, da Laufwege ausblieben oder anderes durchgeführt wurden als vom Passspieler erwartet. Darüber hinaus wurden gute Situationen für Abschlüsse verpasst und zu Gunsten von irren Lochpässen verschenkt. Besonders Ken Ilsö tat sich hierbei hervor.
Grundformationen in der 2. Halbzeit |
Die Fehlpässe boten Union die Chance zu kontern. Hierbei fiel Bochum erneut durch eine schlechte Staffelung und Entscheidungsfindung in der Rückwärtsbewegung auf. Union konnte die Führung früh ausbauen und ohne Probleme über die Zeit bringen.
Mittwoch, 27. November 2013
DSC Arminia Bielefeld – VfL Bochum 0:2
Mit einer abgeklärten Defensivleistung und guter Effizienz
im Abschluss kann der VfL ohne große Mühe die Punkte aus Bielefeld entführen.
Peter Neururer bekommt die Probleme in der Absicherung immer besser in den
Griff. Die Ideen und Anpassungen von Stefan Krämer gehen jedoch nicht ganz auf.
Grundformationen
Für Peter Neururer gab es keinen Grund, die erfolgreiche
Mannschaft der letzten vier Spiele großartig zu ändern. Lediglich der
wiedergenese Felix Bastians verdrängte den erst kurzfristig vor dem Spiel von
der Länderspielreise zurückgekehrten Piotr Cwielong. Die Arminia hatte zwar den lange verletzten und stark vermissten Fabian Klos bereits wieder auf der Bank, doch in der ersten Halbzeit ließ Bielefelds Trainer Stefan Krämer den eigentlichen Abwehrspieler Manuel Hornig in der Spitze ran, um einen Zielspieler für lange Bälle zu haben.
Grundformationen zu Spielbeginn |
Spielidee des VfL
Im Vorbericht hieß es „Bochum ist taktisch nahezu lächerlich
vorhersehbar“. Diese etwas überzogene Spitze wird von Peter Neururer in den
letzten Spielen immer mehr wiederlegt. Die in den ersten Spielen aufgetretenen
Probleme, besonders im Aufbauspiel und in der Konterabsicherung sowie beim Verschließen der defensiven Zwischenlinienräume, werden durch
gut auf den jeweiligen Gegner abgestimmte Mechanismen mittlerweile sehr gut
kompensiert. So wurden die offensiven Außenverteidiger Kaiserlauterns mit
Mannorientierungen der äußeren Mittelfeldspieler und die situative Bildung von
Fünfer- und Sechserketten gekontert. Gegen Köln wurde durch eine gute
Angriffslenkung und ein positionstreueres Verhalten der Sechser der
Zwischenlinienraum verriegelt. Die Angriffsbemühungen wurden über lange Bälle
auf Sukuta-Pasu und eine gute Staffelung für die zweiten Bälle initiiert und sehr gut abgesichert. Gegen
Bielefeld gab es alle diese Mittel in kombinierter Form zu sehen. Darauf soll
in den folgenden Paragraphen näher eingegangen werden.
Verschließen der Zwischenlinienräume durch abgeklärteres Defensivspiel
Wie in den letzten Spielen, stellte sich der VfL in der
Defensive sehr tief auf. Beide Viererketten standen maximal 10 m auseinander. Dabei
war es interessant, wie der VfL zwischen zonenbasierten und konsequenten
Mannorientierungen sowie raumsichernden Positionen variierte. Zweikämpfe werden
nur noch in Überzahlsituationen, also vor allem rund um den Strafraum,
aggressiv geführt. Dieses Vorgehen galt sowohl für die organisierte Defensive wie auch im Umschaltmoment. Es ist völlig konträr zum individuellen Gegenpressing, das
in den vorherigen Monaten praktiziert wurde. Auf den Außen und in höheren Zonen lag
das Hauptaugenmerk auf lenkenden oder verzögernden Aktionen. Falls Bielefeld
mit den Sechsern oder gar den Innenverteidigern in die offenen Flügelbereiche
des 4-4-2 vorstoßen wollte, hatte der jeweils ballnahe Bochumer Außenspieler
die Aufgabe, passiv zurückzuweichen, den Bielefelder nach außen zu leiten und
die Mitte zu versperren. Hier wurde im eigenen Drittel dann meist
mannorientiert in Gleichzahl agiert. Ein Doppeln war fast nie zu sehen. So konnte der ballnahe Außenverteidiger den Kontakt zu den Innenverteidigern halten. Gleichzeitig
rückte der ballferne Außenverteidiger weit ins Zentrum. Speziell gegen Bielefeld machte sich wohl auch bemerkbar, dass eine starke Überzahl gegen den stürmenden
Innenverteidiger Hornig sichergestellt werden sollte. Mit Felix Bastians im linken
Mittelfeld gab es einen sehr disziplinierten und spielintelligenten Akteur, der
gezielt zwischen mannorientiertem Verfolgen, raumorientierten Blocken und
lenkendem Stellen variierte. Sein Gegenüber Yusuke Tasaka ist weniger
spielintelligent, wurde jedoch durch eine klare Manndeckungsaufgabe in die
Pflicht genommen. Ein Zocken wie beispielsweise im Spiel gegen St. Pauli war
somit nicht möglich. Es gab Szenen, in denen Tasaka Läufe in den Rücken des
vorgerückten Rechtsverteidigers Paul Freier verfolgte und somit sogar
kurzzeitig die Position als Außenverteidiger einnahm (5. min). Die lenkenden
raumorientierten Aktionen wurden auf der rechten Seite von Tiffert initiiert,
der dann oft leicht horizontal pendelnd vor dem zentral absichernden Jungwirth
agierte.
Aufbauspiel? Nein Danke, wir haben Sukuta-Pasu!
Die zweite große Baustelle des VfL war das berechenbare und
somit durch abgefangene Pässe oder gut hergestellte Pressingsituationen des
Gegners hochriskante Aufbauspiel. Diese Baustelle wurde geschlossen, indem ein
spielerischer Aufbau aus der Abwehr völlig verweigert wurde. Sobald sich die
Möglichkeit bat, wurde mit langen Bälle auf Sukuta-Pasu oder in die freien
Räume auf den Außen operiert. In diesen Situationen zeigte sich die ganze
Klasse des aus Kaiserslautern ausgeliehenen Stürmers. Er zeigt stets gut getimte
Bewegungen auf die Flügel und ins Mittelfeld, die er meist so weit ausführte,
dass die Innenverteidiger ihn in das Mittelfeld oder an die Außenverteidiger
übergaben. Diese kurzen Phasen reichten aus, damit Sukuta-Pasu die Bälle
festmachen und ablegen konnte. Damit bespielten die Bochumer auch
die Bielefelder Mannorientierungen durchaus geschickt, indem sie die Sechser oder Außenverteidiger
herauslockten und dadurch einige Male große Distanzen zwischen Mittelfeld und
Abwehr bzw. zwischen Innen- und Außenverteidigung aufzogen. Dabei war die Staffelung für diese Bälle durch Einrücken von
Bastians und Tasaka sehr gut. Durch die hohe Stellung von Ilsö, der anders als
im Spiel gegen Köln sich bei den Ablagen nicht hinter dem Ball positionierte,
und diagonale Läufe aus der zentralen Stellung konnte nach der Ballsicherung
sofort weiterer Raumgewinn erzielt werden.
Dribblings gegen das Gegenpressing
Eine zentrale Frage des Vorberichts thematisierte das Gegenpressing gegen Bochums Sechser Florian Jungwirth. Dieses war letztendlich
kein so entscheidender Faktor, da Jungwirth aufgrund von Bielefelds
Spielaufbau, der ebenfalls mit vielen langen Bällen operierte, und der eher
passiven Spielweise der Bochumer nicht der zentrale Ballgewinner war.
Stattdessen wurden die meisten Bälle von den Innenverteidiger herausgeköpft,
die dann zumeist versuchten, die Situationen über die spielstarke rechte Seite
aufzulösen. Dabei wurden insbesondere die Dynamik und Dribblings von Freier und
Tasaka genutzt, wobei jedoch bei Möglichkeit auch wieder lange Bälle als Mittel
dienten. Wurden die Bälle ins Zentrum geklärt, so versuchte auch Jungwirth
durch Sololäufe das Pressing zu umgehen. Dies gelang ihm jedoch nicht immer.
Hier spielte auch eine spezielle Charakteristik des Bielefelder Pressings eine
Rolle. Die zweiten Bälle wurden nicht direkt attackiert. Stattdessen wurde
gewartet, bis der Bochumer Spieler den Ball kontrolliert und sich nach einer
Passoption umsieht. In diesem Moment schwärmten die Bielefelder aggressiv aus
und stellten mannorientiert alle Passmöglichkeiten zu. Dribblings gegen den ballattackieren
Bielefelder waren somit oft die einzige Möglichkeit. In den ersten 10 min wurde
dies von Bielefeld herausragend gemacht, danach fehlte diesem Pressing
etwas die Dynamik. Das Tor zum 0:1 fiel nachdem Tasaka eine solche Pressingsituation mit einem Dribbling und einem Pass in den freien Raum auflöste.
Bei Tasaka erzeugte diese Art der Befreiung gegen einzelne
Gegenspieler wohl zu viele positive Energien. Er stürzte sich auch im
Offensivdrittel häufig allein gegen 3-4 Leute in Dribblings. Dabei gab es jedoch,
anderes als in der damaligen Ausrichtung mit starken Überladungen und
dynamischer Absicherung, kaum eine Chance auf Abpraller bei Ballverlusten. Hier
traten die allgemein nicht immer gut gestaffelten Strukturen des VfL im freien Spiel hervor, da
die unterstützenden Spieler sich zu flach in letzter Linie positionierten.
Der Beitrag von Felix Bastians
Felix Bastians stabilisierte nicht nur die Defensive. Auch
offensiv zeigte er interessante Bewegungen. Die langen Bälle Bochums zielten
meist auf den rechten Halbraum (siehe Abbildung bei 00:43). Trotz seiner recht linearen Interpretation des
Außenverteidigers klebte er keinesfalls stark an seiner linken Seite, um für
Verlagerungen bereit zu stehen. Allerdings war er auch kein konstant nach
rechts gehender Akteur, der sich in die Überladungen des angespielten Raums
eingebunden hätte, um die Kompaktheit in diesen Bereich zu stärken. Vor allem
bestand seine Aufgabe scheinbar darin, auf chaotische Situationen zu warten und
alle möglichen Freiräume anzusteuern, die sich durch den etwas hektischen
Spielcharakter und die Bielefelder Mannorientierungen auftaten. Weil Ilsö und
Sukuta-Pasu einige Male auswichen und Feick durch Tasaka ins Zentrum gezogen
wurde, ergaben sich in diesen Bereichen – zu einer der beiden Seiten von Salger
– häufig größere Schnittstellen, in die Bastians aus seiner zentraleren
Position hineinstarten konnte. So diente er einige Male als Ablagestation in
letzter Linie, die situativ zur Grundlinie starten konnte, sorgte aber meistens für Tiefe im Bereich um das Strafraumeck.
Wechsel
Mit der Einwechslung von Achahbar stiegen die spielerischhochwertigen Aktionen der Bielefelder erheblich. Der VfL war deshalb durch die Wechsel bemüht, die Stabilität wieder
zu erhöhen. Der – trotz seines Tores – offensiv unglückliche Tasaka, der sich
defensiv in der Manndeckung aufgerieben hatte, wurde durch Sechser Danny
Latza ersetzt. Dafür wechselte Tiffert auf den rechten Flügel. Als auch Tiffert
mit seinen Kräften am Ende war, wurde Freier ins Mittelfeld beordert, hinten sicherte Eyjolfsson als
kopfstarker einrückender Außenverteidiger ab.
Fazit
Mit den aktuellen Anpassungen haben Peter Neururer und sein Team einen wichtigen Schritt getan und die Defensive gut stabilisiert. Durch die Aufgabe des konstruktiven Spielaufbaus zu Gunsten von gut vorbereiteten langen Bällen konnten auch die Schwächen in Aufbauspiel und Konterabsicherung kaschiert werden. Die Kehrseite dieser Taktik ist jedoch die extreme Abhängigkeit von Sukuta-Pasu, der nun bereits seit einiger Zeit an der Grenze zur Gelbsperre wandelt. Auch im Ausspielen der Kontersituationen gibt es noch einige Luft nach oben. In den kommenden Woche besteht also vor allem bezüglich gruppentaktischer Mittel für das Aufbau- und Umschaltspiel Trainingsbedarf.
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